Eckhard Groll

Mühle: Die Mühle ist geschlossen, vermisst Du sie?

Eckhard: Ja. Mir fällt dazu Loriot ein. Hätte er unseren Verein gekannt, hätte er gesagt: Ein Leben ohne Mühle ist möglich, aber nicht sinnvoll… Gegenwärtig treffen wir uns nicht am Zainhammer. Als Schriftführer des Vereins habe ich dennoch viel Beschäftigung. Zum Beispiel unterstütze ich Mitglieder, die hier in dieser Rubrik publizieren. Ich arbeite sozusagen im Homeoffice. Da unser Verein am 31. Oktober 2021 30 Jahre alt wird, beschäftige ich mich außerdem mit der Geschichte der Zainhammermühle. Ich konzipiere eine Dauerausstellung zu diesem Thema. Ideen und Mitarbeiter sind sehr willkommen, Kontakt: Eckhard Groll.

Mühle: Was soll dort gezeigt werden?

Eckhard: In jeder der drei Etagen im Treppenhaus soll ein Abschnitt aus der Geschichte der Zainhammermühle gezeigt werden. Hierbei geht es aber nicht um eine rein museale Ausstellung, sondern um die künstlerische und handwerkliche Umsetzung der ersten drei Lebensphasen der Mühle: Eisenhammer (1780-1824), Knochenmühle (1824-1866) und Mahlmühle (1866-1953).

Knochenbrennofen
Encyklopädisches Handbuch der Technischen Chemie, 1868: Knochenbrennofen 1

Momentan interessiert mich die Knochenmühle. Leider kann ich derzeit nicht in Museen und Archiven recherchieren. Die sind ja auch geschlossen. Zum Glück sind einige historische Bücher digitalisiert worden und stehen in der Deutschen Digitalen Bibliothek (https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/) sogar kostenlos zur Verfügung. Ein Tipp für Liebhaber historischer Drucke!

In den Dokumenten unseres Kreisarchives, die ich bisher gesehen habe, fand ich Zeichnungen von Knochenbrennöfen. Es scheint so, als ob bis etwa 1845 einen Ofen verwendet wurde, den ich auch in der Literatur wiedergefunden habe. Wahrscheinlich standen am Zainhammer zwei der Öfen wie in der ersten Abbildung (Encyklopädisches Handbuch der Technischen Chemie, 1868). In die eisernen Töpfe (Fig. 1004) wurden die Knochen gefüllt. Beide Hälften wurden dann zusammengeklappt und mit Lehm abgedichtet. Arbeiter schleppten sie durch die enge Tür (Fig. 1006 E) in den ständig heißen Brennraum und stapelten sie übereinander. Bei 700 °C wurden die Knochen zu Knochenkohle gebrannt.

Knochenbrennofen
Eckhard Groll 2020: Knochenbrennofen 2

Ab 1846 könnte an Stelle des alten Ofens eine Art Hochofen gestanden haben. Bisher fand ich dazu keine Publikation. Meine Zeichnung ist derzeit also noch viel Phantasie. Das Ungetüm war vier Stockwerke hoch und besaß vier Säulen mit je einem Brennraum, einem Trockenschacht mit Qualmabzug und drei Feuerzügen. Die Bedienfunktionen zweier Säulen sind auf der Abbildung zu sehen, die anderen beiden befinden sich auf der Rückseite. Der Ofen stand im Mühlengebäude, was die hinteren Arbeitsbühnen andeuten sollen. Die Brennkammern wurden oben, zwischen den Schornsteinen mit Knochen befüllt und unter in eine (unterirdische?) Grube entleert. Das ist sehr aufregend! Wir dürfen gespannt sein, was noch ans Tageslicht kommt.

Mühle: Du zeichnest also wieder?

Eckhard: Ja, ich nehme wieder öfter einen Zeichenstift in die Hand. Und das kam so: Ich schreibe Geschichten für meine Enkelkinder. Da ich, wie jedes Kind, gern Märchen gelesen habe, sollen es Märchen werden. Tatsächlich nehme ich Anleihen bei den Gebrüdern Grimm und sogar bei Schiller. Meine Protagonisten werden jedoch mit aktuellen Problemen, wie Zerstörung der Umwelt oder hinterlistigen Politikern konfrontiert. Orte der Handlungen sind die verschiedensten Mühlen. Die zugehörigen Recherchen über Papier-, Öl oder Schiffsmühlen sind für mich besonders spannend. Inzwischen sind sieben Märchen so weit fertig, dass sie auf Feinschliff und Lektorat warten. Vielleicht wird ja ein richtiges Buch daraus. Und jetzt möchte ich meine Geschichten auch noch illustrieren. Deshalb der Zeichenstift. Aber ich habe lange nicht gezeichnet und bin sehr unzufrieden mit meinen Skizzen. Ich werde wohl  die Malschule eines unserer Mitglieder besuchen…

Mühle: Was wird aus dem Sommer in der Mühle 2020?

Eckhard: Schwere Frage. Wir hoffen, dass die Infektionswelle schnell abklingt und wir uns wieder begegnen dürfen. Die Mühle versteht sich ja als Plattform für Künstlerinnen und Künstler. Ausstellern stellen wir die Galerie samt Werbung und Versicherung kostenlos zur Verfügung. Musiker erhalten nahezu den gesamten Ertrag der Eintrittskarten. Nur ein kleiner Teil fließt in die Vereinskasse für Strom, Wasser, Abwasser usw. Also ich hoffe, dass wir im Frühsommer unser mit viel Liebe aufgestelltes Programm durchführen können…

Eckhard Groll 02.04.2020